Am Rande bemerkt er: . _ . und: + weg den _ ”
Aehnliche Aenderungen finden sich bei andern Stellen und in andern Stimmen.
Nun ist Folgendes zu erwähnen. Beethoven schreibt im Jahr 1825 an Carl Holz, welcher die Durchsicht einer Abschrift des eben vollendeten Quartettes in A-moll übernommen hatte, u. a. : »Wo über der Note • (ein Punkt), darf kein ‘ (Strich) statt dessen stehen und so umgekehrt — es ist nicht gleichgültig ♩ ♩ ♩ (mit strike) und ♩ ♩ ♩ (mit punkte)— « u. s. w. 1*) Aus jenen Correcturen und aus dieser Briefstelle geht hervor, dass Beethoven, wenigstens vom Jahre 1813 an, einen Werth auf die Unterscheidung der Punkte und Striche legte. Gleich authentische Beweise, dass das schon früher geschehen, lassen sich jetzt nicht beibringen. Wenn man nach einigen alten Drucken urtheilen darf, so kann man nicht zweifeln, dass Beethoven schon um 1800 die Zeichen unterschied.
Nun ist zu fragen: welchen Unterschied in der Ausführung verband Beethoven mit der verschiedenen Bezeichnung ? Beethoven konnte die Zeichen nicht anders nehmen, als sie ihm geboten wurden: seine Deutung konnte keine andere sein, als die zu seiner Zeit in Wien und anderwärts übliche. Um diese zu erfahren, wird es rathsam sein, solche Schriften zu Rathe zu ziehen, welche entweder damals ein allgemeines Ansehen hatten, oder deren Verfasser in Wien lebten und in einem näheren Verhältniss zu Beethoven standen.
Wir lassen zuerst einige Clavierspieler sprechen. Clementi sagt in seiner im Jahre 1801 erschienenen “Introduction à l’ Art de toucher le Piano-Forte” dass man die Noten, die mit Strichen oder mit Punkten bezeichnet sind, abstossen solle (qu’il faut les pointer ou piquer), jedoch die letzteren weniger als die ersteren. In der von Friedrich Starke um 1820 herausgegebenen »Wiener Pianoforte-Schule«, zu welcher auch Beethoven Beiträge lieferte 2*) , werden dreierlei Arten des »Stossens oder Staccatos« unterschieden: 1) der kurze scharfe Stoss, welcher mit Strichen bezeichnet wird, und wo jede Note den vierten Theil ihrer Geltung erhallten soll; 2) der halbscharfe Stoss, wo die Noten mit Punkten bezeichnet werden und die Hälfte ihrer Geltung erhalten sollen; 3) der tragende Stoss (appoggiato), welcher mit Punkten unter oder über einem Bogen ( . . . . ) bezeichnet wird, und wo jede Note den dreivierten Theil ihrer Geltung erhält. Carl Czerny, der mit Beethoven von 1801 an in musikalischen Dingen viel verkehrte, sagt mit andern Worten ganz dasselbe wie Fr. Starke. Ein Citat aus seiner Pianoforte-Schule wird nicht nöthig sein.
Anders wie die Clavierspieler, welche Punkt und Strich direct auf die Dauer oder Kürzung der Noten beziehen, nehmen die Spieler von Streichinstrumenten Punkt und Strich zunächst als Zeichen einer gewissen Strichart, und die Spieler von Blasinstrumenten sie als Zeichen eines gewissen Strichart, und die Spieler von Blasinstrumenten sie als Zeichen eines gewissen Zungenstosses woraus sich dann der Grad der Kürzung der Noten abnehmen lässt. So schreibt z. B. Johann Adam Hiller Seite 41 seiner im Jahre 1793 erschienenen »Anweisung zum Violinspielen«: »Soll dieses Abstreichen mit einem raschern, mehr getrennten Bogenstriche geschehen, so werden Striche ”” über die Noten, oder das Wort staccato (das man insgemein durch gestossen verdeutscht) unter dieselben gesetzt. Eine andere Bezeichnung über den Noten mit Punkten • • • • fordert, wenn nicht etwann diese Punkte Striche bedeuten sollen, einen ganz anderen Vortrag, der in der Kunstsprache punto d’ arco (Stoss mit dem Bogen) heisst. In diesem Falle werden mehrere so bezeichnete Noten auf einen Bogenstrich genommen, und durch einen Ruck mit dem Bogen kurz herausgebracht. Mit diesem a punto d’arco kommt überein, wenn über den Punkten noch ein Bogen steht . • • • • ; da dann der Unterschied darinne steckt, dass jene Noten mehr getrennt, mit hüpfendem Bogen, diese aber mehr gebunden, mit festem Bogen, und einem gelinden Drucke desselben vorgetragen werden«. In ähnlicher Weise, wenn auch nicht gleichlautend, werden die Zeichen in fast allen andern Schulen erklärt 4*). Solche Erklärungsweise kann Zweifel erregen, wenn man weiss, dass die Spiel- oder Strichart in den letzten achtzig Jahren sich nicht gleich geblieben ist 5*), und dass, abgesehen von der verschiedenen Spielart, die Schulen in der Bezeichnung nicht übereinstimmen. Jedes Bedenken schwindet aber, wenn man eine andere, einfachere Erklärungsart gelten lässt und der Wiener Tradition Glauben schenkt, welche dahin lautet, dass Beethoven, ohne Rücksicht zu nehmen auf Bogenstrich und Zungenstoss, Punkte und Striche in Stücken, die für Streich- oder Blasinstrumente geschrieben sind, nur zur Bezeichnung der Dauer der Töne gebraucht habe, und dass ferner der Strich ( ‘ ) als Zeichen für ein scharfes, kurzes Abstossen, der Punkt ( • ) als Zeichen für ein weniger kurzes Abstossen zu nehmen sei. Auf Traditionen ist allerdings nicht viel zu geben; allein jene Mittheilung erscheint in doppelter Beziehung glaubwürdig. Erstlich glauben wir gern, dass Beethoven nie ein Blasinstrument im Munde gehabt und sich wenig um Zungenstoss bekümmert habe; dann wird von anderen Seiten versichert, dass er es im Violinspielen nie sonderlich weit gebracht, und dass er bei den Aufführungen seiner letzten Streich-Quartette sich gar nicht um Bogenführung und Strichart der Spieler bekümmert habe.
Nach allen Mittheilungen ist nicht zu zweifeln, dass eine in Compositionen Beethoven’s mit einem Strich bezeichnete Note spitzer oder kürzer gespielt werden soll, als eine mit einem Punkt bezeichnete.
Man kann nun an keine Ausgabe der Werke Beethoven’s die Forderung stellen, die Bezeichnung mit Punkten und Strichen überall genau so wiederzugeben, wie sie Beethoven gewollt oder vorgeschrieben hat. Diese Forderung wäre aus verschiedenen Gründen nur zum Theil und nur annäherungsweise erfüllbar 6*). Ob nun erfüllbar oder nicht: zur Erhaltung der Echtheit der Werke Beethoven’s gehört die Beachtung alles dessen, was Beethoven beachtet hat, und sei das auch so geringfügig, wie der Unterschied zwischen Punkten und Strichen.
Man hat versucht, Stellen aus verschiedenen Werken Beethoven’s mit der ursprünglichen Bezeichnung, wie sie in Handschriften, alten Ausgaben u. s. w. vorkommt, zu sammeln. Aus dieser Sammlung lassen sich folgende Stellen mittheilen.